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CONTRETANZ
      (1545)

LIED DES PFARRERS BERNAT ETXEPARE
      (1545)

AUFFORDERUNG ZUM KUSS
      (1545)

 

Bernat Etxepare

    (16. Jahrhundert)

 

Geboren in Eiheralarre in der Nähe von Donibane Garazi (Saint Jean de Pied de Port), Hauptstadt des heute französischen Navarras, war dieser Geistliche der Autor des ersten Buches, das im Jahr 1545 in baskischer Sprache gedruckt wurde. Über sein Leben ist nur wenig bekannt. Gewiss ist, dass er im Gefängnis war, sehr wahrscheinlich wegen politischer Parteinahme zu einer Zeit, als die Königreiche Frankreich und Kastillien darum kämpften, sich des ehemaligen Königreichs Navarra zu bemächtigen. Sein Buch umfasst neben autobiografischer und religiöser Poesie auch Liebesgedichte und patriotische Gedichte, in denen er die baskische Sprache rühmt.

 

WERTSCHÄTZUNG DER FRAUEN

        Bernat Etxepare , 1545

 

 

Um meiner Liebe willen, sprecht nicht schlecht von den Frauen!

Würden die Männer sie nicht belästigen, begingen sie keine Verfehlungen.

 

Viele Männer reden verleumderisch über die Frauen

und erwähnen sie auf leichtfertige und anstößige Weise.

Es stünde ihnen besser zu schweigen.

Eine Frau kann nicht falsch handeln, außer aufgrund des Mannes.

 

Kaum ein gescheiter Mensch wird schlecht über die Frauen reden;

rechtschaffener ist es, gut von ihnen zu sprechen.

Warum sagt man den Frauen Böses nach?

Groß oder Klein, uns alle bringen sie zur Welt.

 

Die Verleumdung der Frauen ist nichts als Aufschneiderei.

Um über eine zu klagen, werden alle gleichgesetzt.

Möge doch schweigen, wer so handelt!

Reue wird die Frau verspüren, die ihn an ihrer Brust stillte.

 

Wer schlecht über die Frauen spricht, sollte bedenken,

woher er und wir alle kommen.

War seine Mutter vielleicht keine Frau, würde ich ihn gerne fragen.

Allein wegen ihr sollte er alle Frauen preisen.

 

Die Frau gereicht dem Manne stets zum Vorteil,

durch sie erblicken wir das Licht der Welt.

Würde sie uns nicht stillen, wir stürben, kaum dass wir geboren wären;

und auch danach bedürfen wir tagaus tagein ihrer Obhut.

 

Ist er gesund, kleidet und nährt ihn ihre Hand,

in der Krankheit wäre der tölpelhafte Mann ohne Frau verloren;

und stirbt er, wer wird ihn wie sie beweinen?

Wir brauchen sie immerfort, das ist unbestreitbar.

 

Wo keine Frau ist, finde ich nichts, was mir behagt,

Mann und Haus sind verwahrlost,

im ganzen Haus ist nichts, wie es sein sollte.

Ohne Frau wollte ich nicht einmal das Paradies.

 

Nie habe ich gehört, dass eine Frau zuerst den Mann angegriffen habe,

immer ist es der Mann, der sie zuerst verletzt.

Die Niedertracht geht stets vom Manne aus.

Warum also legt man der Frau die Schuld zur Last?

 

Mehr Rechtschaffenheit unter den Männern täte Not,

bei den Frauen sehe ich mehr Güte.

Auf tausend unredliche Männer kommt eine Frau,

auf einen tugendhaften Mann, tausend treue Frauen.

 

Würden sie es den Männern gleichtun, gäbe es nicht eine Gütige.

Diese müssen selbst die Minderwertigste unter ihnen bedrängen.

Aber viele Frauen weichen ihnen aus,

denn unter den Frauen herrscht größere Tugend.

 

Nie habe ich gehört, dass die Frau dem Mann Gewalt antue,

es ist der Mann, der wie von Sinnen die Frau verfolgt.

Nähert sich ihm aber eine Frau in liebevoller Weise,

welcher Mann wird ihr dies zum Vorwurf machen?

 

Der Herr liebt die Frau über alles auf der Welt.

Aus Liebe zu einer kam er vom Himmel hernieder.

Es war eine Frau, die ihn zu unserem Bruder machte

und ihrer Liebe wegen gebührt allen Frauen Ehre.

 

Für mich ist die Frau ein lieblich' Ding,

ein zauberhaftes Ding in all ihrem Anmut;

bei Tag und Nacht sorgt sie für Glückseligkeit,

schlecht über sie zu reden, ist große Niedertracht.

 

Nichts auf der Welt ist so schön und lustvoll,

wie die nackte Frau unter dem Manne;

mit offenen Armen, ergeben,

damit der Mann mit ihr tue, was ihm beliebe.

 

Auch wenn er sie mit seiner Lanze mitten im Körper verletzt,

sagt sie, einem Engel gleich, kein böses Wort.

Vielmehr wird, sobald die Lanze besänftigt, die Wunde geheilt,

die Kraft ihres Liebreizes beide versöhnen.

 

Gibt es solch rüden Mann, dem dies nicht im Gedächtnis bliebe

und der sich dann in derartigen Verleumdungen ergeht?

So handelt nur, wer nicht bei Verstande ist.

Warum würdigt er nicht, was die Frau ihm Gutes tut?

 

 

Übersetzung: Gabriele Schwab

Originalversion: EMAZTEN FABORE

 

© Bernat Etxepare    

© Übersetzung: Gabriele Schwab    

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