Jean Baptiste Elizanburu
(1828 - 1891)
Elizanburu wurde im auf französischen Territorium liegenden Nordbaskenland, in der Provinz Lapurdi geboren und sein Leben war eng mit der Armee verbunden. Vier Jahre lang nahm er an Feldzügen in Afrika teil und stieg dabei in der militärischen Rangordnung auf. 1861 wurde er dem Ersten Regiment der Kaiserlichen Garde von Napoleon III zugewiesen. Kurz darauf erhielt er während des Feldzugs gegen Deutschland 1870 die Auszeichnung «Légion d'Honneur». Kritisch gegenüber der Kriegspolitik des Kaisers und überzeugter Republikaner zog er sich ins Baskenland zurück, wo er mit linken Positionen aktiv am politischen Leben teilnahm. Gleichzeitig schrieb er wehmütige und bukolische Texte zu Volksweisen, die umgehend im ganzen Land zum Erfolg wurden. Man geht davon aus, dass er der Dichter zahlreicher anonymer Werke ist, unter ihnen auch das berühmte Solferinoko Itsua, über den Blinden in der Schlacht von Solferino.
EINST UND JETZT
Jean Baptiste Elizanburu , 1879
Ich zog von Süden nach Norden,
Von Westen zur aufgehenden Sonne,
Und was vor allem ich sah,
War viel Gutgläubigkeit unter den Menschen.
Deshalb lebte der Schmarotzer
Seit jeher
Ohne zu arbeiten
Besser als alle anderen, auf deren Kosten.
Die Ungerechtigkeit etablierte sich auf der Welt,
Weil der Müßiggang sich dieser bemächtigte.
Nicht allzu lange ist es her, dass einige Schmarotzer
Die ganze Welt zu eigen sich machten.
Bauer, du
Säst aus
Und erntest du auch das Korn?
Das weiße Brot ist für die Schmarotzer!
Ich lernte auch, dass das beste Futter
Nicht das Pferd bekam, das sich geschunden;
Dass die fettesten Hühner, Hähnchen und Poularden
Nicht die aßen, die sie gezüchtet.
Die feinsten Speisen
Der süßeste Wein,
Die besten Happen
Verschlangen die Schmarotzer!
Von der Wiege bis ins Grab, Bauer,
Hattest du ein schweres Joch zu tragen,
Dein ganzes Leben war nur Arbeit,
Doch nichts blieb dir, leer waren deine Hände.
Alles für die Anderen!
Wie schrecklich
Diese Ungerechtigkeit!
Erniedrigt auf den Rang des Viehs.
Zwanzig Jahrhunderte oder mehr war auf der Welt
Der Mensch so des Menschen Sklave.
Auf dem goldenen Thron, von den Schmarotzern errichtet,
Saß einer und herrschte als König über alle.
Um ihn herum
Führten die Müßiggänger
Ein sorgloses Leben,
Und wir stets im Kampf mit der Arbeit.
Freunde, es fällt nicht leicht zu ermessen,
Welch Ausmaß der Leute Gutgläubigkeit hatte:
Wenn es des Königs Wille war,
Erhoben sich die Männer zu Tausenden,
Die Waffen ergreifend,
In Reih und Glied,
In den Krieg geschickt...
Und dort massakrierten sich Unschuldige gegenseitig.
In jenen wahrlich unglücklichen Zeiten,
Welch Elend herrschte allenthalben!
Überall auf den Wegen die Armen, ohne Kleider,
Die Hälfte von ihnen tot vor Kälte und Hunger.
Wie viele Mütter unter ihnen,
Schleppten sich dort,
Ihre Kinder im Arm.
Die Müßiggänger vergnügten sich im Schloss!
Irgendwann kam dann die Stunde,
Da sich der kriechende Mensch erhob,
Die ihn knebelnden Ketten zerschlug
Und sich seine Menschenrechte nahm....
Es war das grundlegende,
Das schönste Werk
Unserer Vorfahren,
Aus dem Sklaven einen Menschen zu machen.
Kaum hundert Jahre sind vergangen, liebe Freunde,
Dass wir uns den Rang des Menschen nahmen.
Früher waren einige die Herren, die anderen Sklaven,
Als seien sie nicht die Kinder des gleichen Vaters.
Die Menschen,
Die großen und die kleinen,
Reiche und arme,
Stellt das Gesetz seitdem auf gleiche Stufe.
Ob sie nun reich sind oder arm,
Alle Menschen sind Geschwister,
Und wenn wir andere erniedrigen, um uns zu erhöhen,
Fügen wir unserem Bruder Schmach zu.
Sich verstehen
Sich lieben
Sich helfen,
Das ist das wahrhaftige Gesetz Gottes!
Übersetzung: Gabriele Schwab
Originalversion: LEHEN ETA ORAI
© Jean Baptiste Elizanburu
© Übersetzung: Gabriele Schwab