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Jon Mirande

    (Paris, 1925-1972)

 

Das Leben von Mirande, einem großen Sprachtalent und Sohn von Emigranten aus Zuberoa, der kleinsten und bergigsten Provinz des Baskenlandes, ist durch Unzufriedenheit gekennzeichnet. Als Poet und Intellektueller arbeitete er als Übersetzer im Finanzministerium; als Baske aus Tradition und Bestimmung, lebte er in der Hauptstadt eines Staates, der seine Nationalität nicht anerkannte; elitär und heterodox wurde er von seinen baskischen Zeitgenossen heftig kritisiert... Seine Poesie ist eine Mischung aus formaler Tradition und thematischer Modernität, in der sich Kritik, Erotismus und ein eher mythischer als politischer Irredentismus vereinen.

 

PARIS-BEURET

        Jon Mirande , 1951

 

 

In einer Straße von Paris

zwischen schmutzigen Häusern

steht eins, das noch schmutziger ist,

in Trübsinn verfalle ich,

wenn ich es nur erwähne,

dort arbeite ich,

fülle Papiere mit schwarzer Tinte.

Bis es sechs schlägt, muss ich bleiben,

langweile mich maßlos,

in einem schmutzigen Büro.

 

Meine wunderbaren Kollegen

sind meine besten Freunde;

morgens grüßen sie mich

schweigend, ja, sie lieben mich

wie der Teufel den Herrn.

Sie sprechen wie die Raben

—koa, koa, koa, koa—

immer schlecht über andre:

lose sind die Zungen

meiner wunderbaren Kollegen.

 

Morgens steh ich früh auf

und gehe zur Arbeit... widerstrebend,

schwer wird mir das Herz,

sobald ich den Raum betrete

und all diese Klatschbasen höre,

wie sie dabei sind,

über andere zu lästern,

mit Schaum vor dem Mund;

sie reden ohne Pause

vom frühen Morgen an.

 

Die Frauen aus dem Büro,

die dicken wie die dünnen,

alle sind sie häßlich.

Sonst wohin würde man fliehen,

ihnen zu entkommen, wenn man könnte...

Ich muss es mit ihnen aushalten

—das ist es, was mich schmerzt,

während all der langen Stunden dort—

ich, ehrbarer Sohn des Baskenlandes!

O ihr teuflischen Frauen!!

 

Oft hebe ich den Blick zum Himmel,

auch wenn das noch mehr schmerzt,

wenn ich mir dann bewusst werde,

dass ich hier ausharren muss.

Aber um die Trübsal zu vertreiben,

beginne ich Verse zu schreiben,

viele herrliche baskische Verse,

—so wie es mir gefällt—:

und so bis um sechs.

 

Dort in einem Büro

zwischen geschwätzigen Frauen

verbringe ich  die Stunden,

verbringe ich die Tage,

in Trübsinn verfalle ich,

wenn ich sie nur erwähne.

Von Tag zu Tag verrückter,

fülle ich Papiere mit schwarzer Tinte

in dem geliebten Büro von Beuret,

in einer Straße von Paris...

 

 

Übersetzung: Gabriele Schwab

Originalversion: PARIS-BEURET

 

© Jon Mirande    

© Übersetzung: Gabriele Schwab    

Jahrhundert
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