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DIE ERBIN VON GAZTALONDO
      (1838)

 

Etxahun

    (1786-1862)

 

Wie seinerzeit üblich, kannte man Piarres Topet unter dem Namen seines Geburtshauses. Der Sohn aus gutem Hause war in eine nicht standesgemäße junge Frau aus dem Dorf verliebt, wurde jedoch mit einer reichen Erbin verheiratet, die ihn betrog. Blind vor Eifersucht versuchte sich Etxahun an dem Liebhaber seiner Frau zu rächen, erschoss dabei jedoch in einem tödlichen Irrtum seinen besten Freund. Dies brachte ihm Gefängnis und anschließende Verbannung ein. Enterbt und verstoßen fristete er sein Leben, indem er durch die Berge Zuberoas zog und sein Unglück besang. Seine Gedichte schwanken zwischen Autobiographie und Satire, in wenig ausgefeilter, doch stets origineller und expressiver Sprache. In den letzten Jahren seines Lebens, nach dem Tod seiner Ehefrau, wurde er von seiner Familie aufgenommen. Zu jener Zeit war Etxahun fast im ganzen Baskenland bekannt und wurde zu unzähligen Festen und Gedenkveranstaltungen als Sänger eingeladen. Neben der Improvisation von Versen beschäftigte er sich in dieser Phase seines Lebens bevorzugt damit, Kindern das Lesen beizubringen. Er hinterließ zahlreiche handschriftliche Hefte, die jedoch von seiner Familie verbrannt wurden. Was wir heute von Etxahuns Dichtung kennen, stammt aus schriftlichen Aufzeichnungen aus jener Zeit oder wurde mündlich überliefert. Das Leben des baskischen Barden diente Adelbert von Chamisso als Inspiration für sein Gedicht Des Basken Etchehon's Klage.

 

ICH UNGLÜCKSELIGER

        Etxahun , 1827

 

 

            I

Viele Unglückliche gibt es auf der Welt,

Niemand aber ist so unselig wie ich.

Herr meines Habes wollt ich sein,

Dafür bekam ich zehn Jahre Strafe.

 

            II

Die Tiere der Wüste, aus Angst vor den Menschen,

Mahnen, sich zu verstecken.

Und ich, bittre Tränen weinend, tu es ihnen gleich,

um mein armseliges Leben zu bewahren.

 

            III

Am Tag, als ich zweiundzwanzig wurde,

Nahm ich zu meinem Unglück eine Frau.

Bekunden kann ich, was sie mitbrachte:

In ihrem Schoß verborgen, das Seil für meinen Galgen.

 

            IV

Als ich erkannte, was ich erstanden,

wollt' ich mit Gewalt sie ändern.

Ihre mächtigen Verwandten traten für sei ein,

Und ich kam ins Gefängnis, ohne Schuld.

 

            V

Ich nahm eine Frau nach der Wahl meines Vaters,

Denn er war über mich erzürnt.

Aber die ganze Familie war zerfallen:

Sie teilten sich Hab und Gut und steckten mich in den Kerker.

 

            VI

Diese zehn Jahre verbrachte ich wie ein Sklave,

Eine Hälfte gefangen, die andre noch schlimmer.

Alles begann mit der Eifersucht,

Ohne  zu wollen, verlor ich den Verstand.

 

            VII

Du, mein Nachbar, hattest doch deine eigne Frau,

Musstest die meine nicht in Versuchung führen!

Einen andren traf der Schuss, der für dich bestimmt,

Aber auch du wirst das Deine noch bekommen.

 

            VIII

Meine Angetraute, du Unselige und Schwache,

Was hat dir nur die Sinne verwirrt?

Alles stürztest du ins Verderben, mich und mein Haus,

Die ganze Familie entzweit.

 

            IX

Jedem gegenüber kann ich Nachweis bringen

über den Skandal, in dem du lebtest:

Über zwei edle Männer brachtest du Unheil,

Drei herrliche Geschöpfe besudeltest du.

 

            X

Zehn Jahre zerbrach ich mir den Kopf wegen dir,

Fünf verbrachte ich wegen dir im Kerker,

Ohne Hilfe, selbst als ich dort fast gestorben wär:

Wer erträgt solch eine Frau an seiner Seite?

 

            XI

        Diese zehn Jahre hast du nicht meinetwegen gelitten,

        Die Schuld trug  mein Herr Onkel.

        Wäre nicht geschehen, was in mir sich vollzog,

        Wärest du im Gefängnis zugrunde gegangen.

 

            XII

Gabe des Weibes ist es, stets Jungfrau zu sein,

Solange die ausgestreute Saat nicht keimt!

Und ich - wissend, was in ihr reifte,

Wie dumm war ich, sie zur Frau zu nehmen.

 

            XIII

Herr Haritxabalet, Herr Pfarrer,

Ihr hieltet Eure Nichte nicht für schuldig,

Urteilt jetzt, wo der Beweis sichtbar ist,

In den Dienst eines Kupplers habt Ihr Euch gestellt.

 

            XIV

Unendlichen Qualen hast du mich ausgesetzt,

Die Feinde in meinem Haus und ich im Gefängnis.

Sie labten sich, an dem Wenigen, was ich hatte, schliefen in meinem Bett,

beschmutzten meine Ehre in aller Ruhe.

 

            XV

Mein treuer Vater, genau wie meine Geschwister,

Ihr habt Euch durch mein Unglück bereichert!

Habt mich angeklagt, falsches Zeugnis gegen mich erhoben

Und mir so Haus und Hof geraubt.

 

            XVI

Auch vor den Richter wurde ich gebracht:

Von sechzehn Zeugen waren acht falsch.

Aber ihnen folgte der Herr Richter,

So schickten sie mich für ewig ins Verderben.

 

            XVII

Auch du, Justiz, bist ungerecht:

Die Schuld gibst du den Kleinen, die Großen sprichst du frei.

So sind deine Urteile:

Für Geld verkaufst du dein Gewissen.

 

            XVIII

Ihr Jungen, beachtet mein traurig' Geschick:

Wenn ihr heiratet, macht euch nicht zu Sklaven!

Nehmt keine Frau wie die meine zur Angetrauten:

Eher werdet Pfarrer oder meldet euch als Soldat.

 

            XIX

Viel habe ich gegen meine Feinde gesagt,

Auch wenn nicht eine Lüge dabei war.

Auch ich habe meine Fehler, ohne jeden Zweifel,

Denn Gott schuf niemanden, der frei von ihnen wäre.

 

            XX

Lebt wohl, meine Kinder, schuldlos unglückselig

Und zu Sklaven gemacht von Vater und Mutter:

Folgt nicht dem Beispiel eurer Eltern

Sondern achtet gewissenhaft das Gesetz Jesu.

 

            XXI

Ihr, die ihr ihn verfolgt, um ihn zu verhaften,

Sucht Etxahun nicht in Barkoxe.

Er macht seine Lieder in Igelu,

In ganz Zuberoa gibt es keine bessren Weiden.

 

 

Übersetzung: Gabriele Schwab

Originalversion: MÜNDIAN MALERUSIK

 

© Etxahun    

© Übersetzung: Gabriele Schwab    

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