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AN JENEM TAG IN ZUBEROA...
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      (1951)

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Jon Mirande

    (Paris, 1925-1972)

 

Das Leben von Mirande, einem großen Sprachtalent und Sohn von Emigranten aus Zuberoa, der kleinsten und bergigsten Provinz des Baskenlandes, ist durch Unzufriedenheit gekennzeichnet. Als Poet und Intellektueller arbeitete er als Übersetzer im Finanzministerium; als Baske aus Tradition und Bestimmung, lebte er in der Hauptstadt eines Staates, der seine Nationalität nicht anerkannte; elitär und heterodox wurde er von seinen baskischen Zeitgenossen heftig kritisiert... Seine Poesie ist eine Mischung aus formaler Tradition und thematischer Modernität, in der sich Kritik, Erotismus und ein eher mythischer als politischer Irredentismus vereinen.

 

BALLADE DER EHRSAMEN BASKEN

        Jon Mirande , 1950

 

 

(Und gleichzeitig eine Bitte

an den baskischen Gott Ortzi1,

von einem, der nicht ehrsam ist.)

 

Breit gebaut, agil, ihre Mütze auf dem Kopf,

sprechen sie Baskisch und glauben an Gott,

groß die Nase und näselnd der Tonfall,

ehrsam sind sie, oh ja. Sehr ehrsam.

Und alle betrachten sich als Adlige...

...Trotz ihres ungeschliffenen Gebarens.

(Bewahre mich Gott Ortzi davor,

je zu werden wie sie).

 

Früher lebten sie in der Finsternis.

Aber da aus der Höhe das Licht Gottes

und der Gesetze der Vorfahren nach Euskadi kam,

leben sie nun erleuchtet

so bieder wie möglich,

wie gute Demokraten.

(Bewahre mich Gott Ortzi davor,

je erleuchtet zu werden wie sie.)

 

An Weisheit fehlt es ihnen nicht,

Fabeln, Märchen, Sinnsprüche.

Sie verstehen etwas von Politik,

Pelota, Tanz und frommen Liedern,

und auch von  sittlichen Gesängen.

Das Messbuch wissen sie zu lesen.

(Bewahre mich Gott Ortzi davor,

je zu lesen wie sie.)

 

Bewandert im Rechnen

bereichern sie sich in Amerika;

dennoch versammeln sie sich auch dort

ehrsam in den patriotischen

Vereinen; und nicht selten gehen

sie auch dort in die Kirche.

(Bewahre mich Gott Ortzi davor,

mich je zu bereichern wie sie.)

 

Sie heiraten stets

mit dem Segen von

Pfarrer oder Bürgermeister;

um mit Recht und Richtigkeit

das Feinste vom Feinen

ihrer makellosen Mädchen auszukosten.

(Bewahre mich Gott Ortzi davor,

je zu heiraten wie sie.)

 

Fast vergaß ich ganz und gar

in diesen Versen

ihr typisches Gewand zu loben,

das weiß gewaschne Hemd,

das sie am Sonntag tragen.

So weiß wohl wie ihr Herz?

(Bewahre mich Gott Ortzi davor,

je so weiß gewaschen zu sein wie sie.)

 

BOTSCHAFT

So wie Du, Jahwe, Herr der

ehrsamen Basken bist und

wie Du es auch für die Juden warst,

so möge, was immer mir auch geschehe,

Ortzi mich davor bewahren,

je so ehrsam zu werden wie sie.

 

1 Ortzi. Dieses Wort findet sich in der Wurzel zahlreicher Begriffe im Zusammenhang mit dem Firmament (Donner, Gewitter, Regenbogen...) und es wird davon ausgegangen, dass es einst die Bezeichnung für Gott war.

 

 

Übersetzung: Gabriele Schwab

Originalversion: EUSKALDUN ZINTZOEN BALADA

 

© Jon Mirande    

© Übersetzung: Gabriele Schwab    

Jahrhundert
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