Von der gleichen Autorin:
Von der gleichen Autorin (+)
Arantxa Urretabizkaia
(1947)
Urretabizkaia ist heute als Autorin von Artikeln und Romanen bekannt, ihr poetisches Werk beschränkt sich auf ein kleines Buch, das vor langer Zeit veröffentlicht wurde, sowie auf eine Reihe noch älterer Gedichte in einem Sammelband verschiedener Autoren. Trotzdem hat jene Welt, intim, voller Einsamkeit, Nostalgie, Obsessionen, die in den siebziger Jahren gegen den Strom schwamm, die Zeit überdauert und besteht in der Erinnerung der baskischen Poesie fort. Ihre Stimme erreicht uns selbst in der Anklage ohne schrillen Ton, sie stützt sich auf kleine Details, die eine eigenwillige bekundende Kraft haben. Seit ihrer Jugend ist sie journalistisch tätig.
NACHSPIEL EINES VORABENDS VON PETER UND PAUL 2 — DENK ZURÜCK
Arantxa Urretabizkaia , 1972
denk zurück
wie ihr erdbeeren pflücken gingt
als das salzige rot der träume
gegen den gaumen
süß deinen mund erfüllte
die hälfte für dich
die hälfte für mich
oh
du ließt mir nur den stiel
denk zurück
schlüsselblumen
und strohblumen
äpfel
kirschen
und brombeeren
hängtest du dir ans ohr
wie ohrringe
rubinrote perlen
blutstropfen
denk zurück
als aus dem frühling sommer wurde
wie ihr gänseblümchen pflücktet
nicht die verblühten
nicht die ganz aufgegangenen
nicht die noch geschlossenen
nicht die schon grau gewordenen
nicht die vom schleim der nacktschnecke verschmutzten
nicht die von würmern zerfressenen
gepflückt
eine
nach der anderen
dort wo man die wärme der erde spürt
ihre köpfe wie einen kleinen schirm
wie einen kleinen schirm aus gänseblümchen
haltend
und die stängel haben keine bedeutung
wir werden sie abschneiden
gebunden mit einer weidengerte
denk zurück
am meer
wenn die kuppen der wellen sich weiß färbten
lämmchen
du hast keine angst
du bist eine möwe
aber
ich verstehe die nacht nicht
aber
die melancholie des mondes
aber
der flügel des habichts
aber die blitze
ich bin eine möwe
denk zurück
seine hand umfasst deine
aber
ich verliere mich im gras
aber
der tau bringt nässe auf meine haut
aber
der tau hinterlässt tränen
auf deiner hose
denk zurück
wie du über blüten liefst
schwebend
die füße ein wenig gehoben
die knie ein wenig angezogen
aus furcht die blumen zu zertreten
das weiß der gänseblümchen zu beschmutzen
der rock
im wind flatternd
ich bin eine möwe
glitt zwischen deine beine
die zierlichen flügel der schwalbe
gib mir die hand
dein puls und der seine
wurden eins
über dir
boten alle bäume des frühlings
ihre früchte dar
ihre blüten
ihre tränen
dir zu ehren
denk zurück
es war kein traum
sonst
erinnertest du dich nicht
wie die gänseblümchen zitterten
unter den sohlen der schuhe
das hohe gras sich verbeugte
vor dir
auf dem von der sonne gezeichneten weg
ich bin eine möwe
denk zurück
noch
war deine stimme nicht
das klagen gewohnt
noch
bedrückte der schmerz
nicht deine brust
noch
hatten die tränen nicht
den weg nach draußen gefunden
noch
brannten sie dir nicht
auf den wangen
denk zurück
wenn sich der nebel in der höhle der achsel versteckte
nebel in der höhle der achsel und auf der stirn
der durchdringende träge geruch des waldes
der furchtlose ruf des morgens
die agonie des trocknen laubs
ich war eine möwe
wenn
die dinge
allein erinnerung meines zitterns sind
wenn das stumme echo vergessener musik
den schmerz des klangs
still
still
größer werden lässt
wenn märz nicht april wird
denk zurück
denk zurück
noch
war jener knoten im hals zu neu
um in dir stimme zu werden
die richtige sprache zu finden
zu sprechen
denk zurück
seine stimme
ich habe sie nicht vergessen, nein
mein liebes
bergauf
schleppend
schleppend
auf dem letzten gipfel der uns trennte
vom weinen
gegen die letzten zentimeter
kämpfend
wie könnte ich das vergessen
mein liebes
balancierend
aber,
aber
denk zurück
als du
noch
nichts vom tod der hoffnung wusstest
keine kraft hattest
deine träume zu unterdrücken
blutende wunden zu stillen
noch
bist du wie ich
bist du wie er
denk zurück
als es
noch
nicht zu spät war
noch
möglich war sich die hände zu reichen
noch
war das gesicht über dem grauen anzug
nicht völlig ergraut
noch
konntest du sagen
ich tue niemandem böses
ich bitte niemanden
um liebe
noch
warst du eine möwe
noch
hättest du ihm eine rose geschenkt
eine falte glatt gestrichen
ein lächeln
noch
war es möglich zu weinen
ich habe es nicht vergessen
mein liebes
wie könnte ich das vergessen
seine hand über meinen kopf streichend
mein liebes
denk zurück
als er
noch
nicht auf die andere seite des lichts gegangen
nicht auf der anderen seite des meeres war
war ich schon lange tot
ich bin nur
ein trugbild meiner selbst
aber mir hast du wehgetan
aber
meine trugbilder leben nicht im licht des tages
denk zurück
als er den herbst empfinden konnte
als der weg zurück nicht versperrt war
noch
offen stand
denk zurück
denk zurück
oder
wenn du das nicht kannst
denk es dir aus.
Übersetzung: Gabriele Schwab
© Arantxa Urretabizkaia
© Übersetzung: Gabriele Schwab