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Sarrionandia entkam 1985 aus dem Gefängnis und ist seitdem flüchtig. Es gibt nur wenige Autoren, bei denen persönliche Lebenssituation und literarische Entwicklung derart miteinander verbunden sind: Nach einer ersten Phase des Kultismus verfolgte er im Gefängnis eine lyrische Linie über Gefangen- oder Eingeschlossensein sowie Entfernung und Trennung, die einen bedeutenden Einfluss auf andere Autoren, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Haftanstalten hatte. Seine Situation als anonymer Weltbürger führt ihn dazu, seine Persönlichkeit, das Hier und Dort immer wieder dialektisch zu hinterfragen.... All dies tut er stets mit einem ausgeprägten Sinn für Humor. Er ist einer der Autoren, die in der gegenwärtigen baskischen Literatur einen Bezugspunkt darstellen, insbesondere im Bereich Poesie und Kurzgeschichten.
DIE VOR LANGEM VERLASSENE ZELLE
Joseba Sarrionandia , 1991
...et je n'entendrai plus
les verrous se fermer sur
l'éternel reclus.
Alfred de Vigny
Ich wüsste gern, wer jetzt die Zelle besetzt,
die ich verlassen habe.
Ob er die winzigen Buchstaben auf der Wand entziffern wird:
"dem Kampf verschrieben".
Ob ihn aus der Nachbarzelle jemand ruft,
indem er das Kunststoffrohr des Aborts losdreht,
um wie durch ein Telefon zu sprechen.
Ob die Tage dort immer noch endlos sind, die Nächte eisig,
die Morgengrauen wie bittere Milch.
Ob das Auge, das beim Durchzählen durch die Türklappe guckt,
(surveiller et punir)
jemanden sieht oder niemanden mehr
(alle oder keiner).
Ich wüsste gern, ob wir Geflohenen
wirklich geflohen sind
oder ob das mit der Flucht nichts als ein Vorwand war,
um weiter in jener Zelle zu bleiben.
Übersetzung: Gabriele Schwab
© Joseba Sarrionandia
© Übersetzung: Gabriele Schwab