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Sarrionandia entkam 1985 aus dem Gefängnis und ist seitdem flüchtig. Es gibt nur wenige Autoren, bei denen persönliche Lebenssituation und literarische Entwicklung derart miteinander verbunden sind: Nach einer ersten Phase des Kultismus verfolgte er im Gefängnis eine lyrische Linie über Gefangen- oder Eingeschlossensein sowie Entfernung und Trennung, die einen bedeutenden Einfluss auf andere Autoren, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Haftanstalten hatte. Seine Situation als anonymer Weltbürger führt ihn dazu, seine Persönlichkeit, das Hier und Dort immer wieder dialektisch zu hinterfragen.... All dies tut er stets mit einem ausgeprägten Sinn für Humor. Er ist einer der Autoren, die in der gegenwärtigen baskischen Literatur einen Bezugspunkt darstellen, insbesondere im Bereich Poesie und Kurzgeschichten.
VERSE AN EINEN BRIEF
Joseba Sarrionandia , 1993
Kein Brief am Montag, er verging
ohne Trost.
Dienstag, Mittwoch, ich bekam keine
Post.
Am Donnerstag, Freitag, Samstag
und auch am Sonntag nicht
weder tags noch in der Nacht keine einzige
Nachricht.
Von Jahreszeit zu Jahreszeit vergehen die Tage
ohne Anfang und Ende.
Fragen stellte ich wohl, doch die Antwort kam nicht
in meine Hände.
Im Herbst ziehen sie fort und im Frühjahr dann
die Rückkehr
wer kennt es schon, der unzählbaren Zugvögel
Hin und Her.
Unverhoffte Zugvögel, es ist Post
angekommen.
Auf jene Fragen vom Vorjahr habe ich Antwort
bekommen.
Doch eine neue Jahreszeit hat begonnen, veraltet sind
die Fragen
Schon bevor der Brief kam, hatte die Zeit mir die
Antworten zugetragen.
Jetzt habe ich neue Fragen, in schnellem Flug schick
ich sie fort.
Mal sehen, ob sie mit der nächsten Jahreszeit
zurückkehren von dort.
Übersetzung: Gabriele Schwab
© Joseba Sarrionandia
© Übersetzung: Gabriele Schwab